Manuela Frey für Gala Schweiz
Um 6:30 Uhr morgens habe ich mich mit Manuela vor dem Backstage Eingang am Lincoln Center verabredet. 10 Minuten vorher kommt ein SMS von ihr – Probleme mit der Subway – sie komme ein wenig später. Um 6:45 läuft mir eine strahlende Manuela entgegen und winkt schon von weitem. Sie begrüsst die anderen Models draussen und umarmt mich herzlich. «Ich konnte fast nicht aufstehen. Um 5 Uhr klingelte der Wecker»
Die junge Schweizerin wohnt nun schon seit 1.5 Jahren in New York, seit zwei Wochen in ihrem ersten, eigenen Apartment, das sie sich mit einer Mitbewohnerin teilt. «Nicht mehr im Modelapartment – endlich!» Am Anfang sei es ihr schwer gefallen, mit 16 Jahren in einer anderen Stadt auf einem anderen Kontinent zu leben als ihre Eltern. «Aber die Agentur hat mich kräftig unterstützt und auch mal zum Kaffee eingeladen.»
Das habe ihr Halt gegeben.
Vier Monate im Jahr ist sie ausschliesslich für die Fashion Weeks unterwegs, dies ist nun schon ihre 4. Saison. Die Fashion Weeks dienen allerdings eher zu Promozwecken: «Den Flug, das Hotel und den Driver musst du aus dem eigenen Sack bezahlen. Da bleibt danach nicht mehr viel übrig. Wir sind hier schliesslich nicht bei Germany’s next Topmodel!»
7:50 Uhr Wir sind Backstage angekommen und Manuela wurde ein Stuhl zugewiesen. Eine Frau taucht auf, kniet sich vor Manuela hin, und macht ihr die Nägel, während zwei Stylisten an ihren Haaren herumzupfen. Ich setze mich auf den Boden. Manuela könnte jetzt wie die andern Models einfach wortlos ihre Hand hinstrecken. Stattdessen verteilt sie eifrig Komplimente «So cute your hair! I love that!», diese entgegnet mit einem Lächeln und wendet sich wieder dem Nagellack zu.
Manuela – wie schaffst du das alles?
«Dank meinem Mami! Sie sagt immer «Manuela, nimm’s easy». Von Anfang an hat sie mich gelehrt, das man sich nicht unnötig stressen lassen soll. Weder vom Kunden noch von der Agentur. Manchmal ist man halt einfach nicht der richtige Typ für die Marke oder passt nicht ins Konzept. Aber es tut schon manchmal weh, wenn du ans Fitting gehst, die Leute dort schwärmen von dir und du kriegst den Job dann doch nicht.»
8:15 Uhr Der Mann und die Frau, die an Manuela’s Haaren herumgezupft haben, sagen sie seien nun fertig mit der Frisur. „Thank you soooo much“ verabschiedet sich Manuela mit einem breiten Lächeln, und holt sich noch ein Cola.
Um 8:30 Uhr muss sie zur Probe. Alle Models laufen einmal in der richtigen Reihenfolge über den Catwalk. Davor wird herumgeblödelt und geplaudert. Das Schweizer Model Ronja Furrer läuft ebenfalls für diese Show. Erste Fotografen schwirren bereits um die Models.
Was machst du in der Zeit, in der du warten musst?
«Ich bin oft auf Instagram, Facebook oder mit dem Papi auf Whatsapp am schreiben.» Dabei zeigt sie mir stolz ein Bild von ihr auf dem Laufsteg, das sie ihrem Vater soeben geschickt hat. Dieser kommentiert das Bild mit Herz-Symbolen in allen Farben. Für das Grossmami gibt’s fast jeden Tag eine Postkarte mit Bildern von ihr, die sie via der Post-App hochlädt. «So bekommt sie auch ein wenig mit, was ich da so mache. Oma hat schliesslich kein Internet.»
Kurz bevor sie zum Schminken muss, holt sich Manuela ein Gebäck vom Catering, zum z’Morge gab’s zu Hause noch zwei Äpfel, dazwischen esse sie immer wieder einmal etwas Backstage «oder ich gehe zu McDonalds und esse einen Wrap».
Musst du denn da nicht aufpassen, was du isst?
«Nein. Ich muss einfach die Masse halten, das ist das Wichtigste.»
Nach der Show geht es für Manuela direkt an eine Präsentation in den Milk Studios, die um 12:00 Uhr beginnt und bis 14:00 Uhr dauert.
Ich treffe sie um 14:30 Uhr vor den Milk Studios wieder. Dort erwartet mich eine Horde erschöpfter Models. «Das glaubst du jetzt nicht – ich musste zwei Stunden lang nur rumstehen! Ohne Trink- und WC-Pause! Das war vielleicht anstrengend.»
Um 15:00 Uhr muss sie weiter zu einem Fitting, davor begleite ich sie noch kurz in die Modellounge – wie es der Name schon sagt: Eine Lounge, nur für Models. Dank Manuela’s Charme gelange ich ebenfalls in den hübsch eingerichteten Kellerraum eines Cafés beim Union Square. Auf dem Weg dorthin zeigt mir Manuela Hundebilder und Selfies mit ihrem Mami und der Oma. «Ich vermisse sie schon sehr.»
15:15 Uhr In der Modellounge angekommen, setzen wir uns auf ein Sofa und Manuela holt sich ein Redbull, mit Schokolade überzogene Açai Beeren und einen Apfel. Hier gibt es nicht nur gratis Essen und Trinken, eine bequeme Lounge und einen privaten Masseur, sondern auch einen Kamin, Kerzenlicht, Flachbildschirme und Clubmusik.
«So, jetzt brauche ich nochmals ein Redbull» es ist bereits 15:30 Uhr, und Manuela muss zum Fitting des Designers Narciso Rodriguez. Zwischen Fotostudio und Kleiderzimmer setze ich mich auf einen Stuhl neben Schuhlöffeln und Stativ – und warte. Von weitem höre ich nur das Kichern von Manuela. Dann hüpft sie plötzlich in einem Kimono hinter der Wand hervor und wirft mir von Weitem einen Luftkuss zu. Ich muss grinsen.
Ein anderes Model kommt mit versteinerter Miene ins Studio, dreht sich einmal im Kreis, und geht wieder.
Manuela unterscheidet sich klar von den andern Models: Sie ist die einzige, die ständig ein Lächeln im Gesicht hat. So fällt die 18-jährige auf. Auch Ronja Furrer erzählt mir: «Ich weiss nicht, wie sie das macht. Trotz unserem stressigen Job ist sie super gelaunt, wenn ich sie sehe.»
«Wenn alles gut kommt sollte ich heute um 21:00 Uhr fertig sein. Dann gehe ich nach Hause, rufe mein Mami via Facetime an und koche mir ein Poulet mit Salat.
Eine Kurzversion dieses Artikels, zusammen mit meinen Bildern, wurde im Oktober in der Gala Schweiz auf drei Seiten veröffentlicht.
Coolen Beitrag mit tolle Fotos!
http://www.nissimendes.ch