Ich stellte mir vor: Hier rennen sicher alle wild herum – Stylisten, Models, Designer. Es wird an Kleidern gezupft, an Haaren gerissen, nochmals alles mit Haarspray eingedämpft… denkste! Es war total ruhig, als ich am Freitag den Changing Room an den Fashion Days betrat. (Wie sich später herausstellte, gab es noch einen weiteren Backstage-Bereich, den ich dann einen Tag später entdeckte, wo die eigentliche Action stattfand – dazu aber ein anderes mal mehr.)

Die Models sassen also alle in diesem Changing Room direkt hinter dem Laufsteg wie Hühner aufgereiht auf ihren Stühlen, direkt vor den Kleidern, die sie später tragen würden. Fertig gestylt, geschminkt, und beschäftigt mit Telefon, iPad oder Büchern.

Niemand nahm meine Präsenz wirklich wahr, weil alle so sehr mit «warten» beschäftigt waren. Also fragte ich eines der Mädchen ganz höflich, ob ich denn ein Foto von ihr machen dürfte. Sie posierte für mich, ich machte das Foto, und danach fragte sie mich ganz schüchtern. «Ich hoffe, das ist für Sie okay so?». Und ich dachte mir nur, «Du ja, das Foto ist super, aber dass du mich jetzt siezt macht mir ein wenig Angst!»

Immer noch ein bisschen verdutzt von dieser Ruhe stand ich da also so rum, und beschloss dann kurzerhand, mich neben Luisa auf einen freien Stuhl zu setzen. Sie hatte weder Telefon noch Laptop dabei, und starrte einfach in die Leere. Ich versuchte, ein wenig Small Talk herzustellen, und zeigte Mitgefühl für die langen Wartezeiten.

Ob sie denn schon was von Zürich gesehen habe? – «Nö.»

Ob sie müde sei von all den Shows? – «Jo, schon.»

Luisa tat mir ein wenig Leid. An ein Gespräch war nicht zu denken. Sie starrte nur weiter gerade aus und wippte nervös mit ihrem Knie auf und ab. Vielleicht hatte sie gerade Liebeskummer – angeblich soll sie ja jetzt einen neuen Model-Freund haben.

Auf dem Laufsteg kam ihr Ist-mir-doch-alles-egal-du-kannst-mich-mal-Look total gut an – Backstage? Nicht so.